Wo in Franken die Melonen und Auberginen wachsen.
Der Müßighof in Absberg
Landg´macht - Regionale Produkte aus Altmühlfranken
Der Feldsalat, der hier gerade auf dem Burgerbrötchen landet, steckte noch vor einer halben Stunde mit allen Wurzeln in der Erde. Ein paar Meter weiter in einem der Gewächshäuser auf dem Müßighof bei Absberg. Jetzt wird er von einem Gast des Hofbistros mit Genuss verzehrt. Viel schneller vom Acker bis zum Teller, geht kaum. Zumal auch die Burger-Pattys, die Kartoffeln, die Karotten, das Kraut und vieles andere mehr in Bistro und Hofladen des Müßighofs aus eigener Produktion stammen und nur ein paar Dutzend Meter Lieferweg auf der Klimabilanz haben.
Beim Müßighof von Regens Wagner in Absberg hat man es mit einem Betrieb zu tun, der Inklusion im Alltag lebt, der biologisch arbeitet, lokal produziert und seine Produkte regional vertreibt.
Das liegt an einer speziellen Konstellation, die sich am Ufer des Brombachsees ergeben hat. Seit mehr als 100 Jahren ist das Schloss in Absberg ein Heim für Menschen mit Behinderung und seit mehr als 100 Jahren werden am Müßighof ein paar Steinwürfe den Berg hinunter die Lebensmittel für dieses Heim hergestellt.
In den Anfängen der Einrichtung war ein Konvent von Ordensschwestern für die Pflege der Menschen mit Behinderung zuständig. Für sie war es selbstverständlich, dass sie die Gärten am Müßighof zur Selbstversorgung nutzten. Wo hätte man in Vor-Supermarktzeiten schon verlässlich solche Mengen an Lebensmitteln herbekommen sollen?
Der Schwestern-Konvent ist seit 2001 in Absberg Geschichte, die letzte Dillinger Franziskanerin hat Ende 2023 Absberg verlassen. Regens Wagner am Brombachsee ist heute ein modernes Sozialunternehmen mit gut 600 Angestellten, die sich um fast 250 Klienten kümmern. Zwischenzeitlich war Selbstversorgung in den Pflegeeinrichtungen dieser Welt eher kein Thema, man stellte lieber auf Catering um oder nutzte Convenience-Produkte in den eigenen Großküchen.
In Absberg aber blieb man seinen Wurzeln treu und kochte nicht nur weiter in den eigenen vier Wänden, sondern baute die Zutaten dafür auch weitgehend selbst an. Mittlerweile ist man mit diesem Ansatz wieder mitten im Zeitgeist. Längst hat man erkannt, wie wichtig die Ernährung für die Gesundheit von Menschen ist, und dass kurze Kreisläufe einen Beitrag leisten, sorgsam mit dem Planeten umzugehen.
Für den landwirtschaftlichen Leiter, Johannes Wagner, ist die Regionalität eine ganz selbstverständliche Sache. „Wo es geht, greifen wir auf die Lebensmittel vom Hof zurück. Das soll in Zukunft sogar noch viel weiter ausgebaut werden.“ Denn versorgt wird ja nicht nur die eigene Einrichtung, sondern auch die Menschen der Umgebung über den Hofladen mit nachhaltigen, gesunden und klimaschonenden Produkten.
Wagner ist ein großer, kräftiger Mann, der eine grundlegende Ruhe ausstrahlt. Den Herausforderungen des speziellen Betriebs auf dem Hof begegnet er grundsätzlich erstmal mit einem Lächeln, um sich dann gemeinsam zu überlegen, wie man die Dinge weiter angehen könnte. Neben einem kleinen Team an Kolleginnen und Kollegen ohne Einschränkung hat er sechs Menschen mit Behinderung an seiner Seite.
Mit denen geht er ganz selbstverständlich auf Augenhöhe um. „Ich erwarte etwas von meinen Mitarbeitern, weil sie etwas können, und es ist auch eine Frage des Respekts, dass man ihnen etwas zutraut“, sagt Wagner. Gerade rattert in einer überdachten Halle eine Maschine, die aus einer fernen technologischen Zeit zu kommen scheint. Die Kartoffeln aus dem Lager werden mithilfe mehrerer Siebe in verschiedene Größen sortiert.
„Auf die Emma kann man sich verlassen“, erzählt eine der in der Landwirtschaft beschäftigten Klientinnen mit Kennermine und verweist auf das blaue Ungetüm, das es offenbar zu einem Spitznamen gebracht hat. Auf den Beschäftigten davor kann man sich eindeutig ebenfalls verlassen. Bevor die Kartoffeln auf die Maschine fallen, sortiert er mit wachem Auge und schneller Hand die Knollen aus, die nicht mehr gut für Küche oder Hofladen sind. Währenddessen erntete ein anderer Beschäftigter den Feldsalat, der in den Wintermonaten im Gewächshaus angepflanzt ist, weil er mit so wenig Sonne auskommt. Man merkt den Menschen an, dass sie stolz auf ihre Arbeit und ihre Leistung sind und zu tun ist hier sowieso immer was.
Das gilt auch für den Stall, wo mehr als 100 Tiere der alten Nutztierrasse Fränkisches Gelbvieh stehen und jetzt auf ihr Futter warten. Einst waren die kräftigen Rinder selbstverständlicher Teil eines fränkischen Bauernhofs, weil sie einen Pflug ziehen konnte, Milch gaben und Fleisch lieferten. Solche „Dreinutzungsrassen“ sind in der modernen Landwirtschaft selten geworden, dort setzt man auf spezialisierte Züchtungen, die perfekt für Milchleistung oder Fleischertrag sind. Heute steht das Gelbvieh daher auf der Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen.
Auf dem Müßighof aber hat diese Art weiter eine Heimat. Dass man dort auch Tiere für die Fleischproduktion züchtet, folgt einem tieferen Sinn. „Wir brauchen das, damit wir beim Gemüseanbau den Biokriterien gerecht werden“, erklärt Johannes Wagner. Denn mit dem Mist der Tiere werden die Gemüsebeete im Gewächshaus gedüngt. Auch hier kurze Wege und kurze Kreisläufe. Das gilt auch für die Kartoffeln, die an der „Emma“ nun gerade aussortiert worden sind. Sie sind nicht mehr gut genug für die Küche, für einen Rindermagen aber reichen sie noch allemal.
Weggeschmissen und verschwendet wird auf diesem Hof nichts. Kaufen die Kunden mal nicht so fleißig im Hofladen, dann hat die Großküche der Einrichtung die Aufgabe, das frische Gemüse zu einer Mahlzeit zu verkochen. Am Müßighof greift ein Rädchen ins andere. Zum Wohl der Menschen, der Natur und der Tiere.
Eine von vielen Geschichten aus der lebendigen Szene der Direktvermarkter in Altmühlfranken. Weitere Geschichte sowie Informationen und mehr finden sie auf der Seite der Kampagne „Landg‘macht. Regionale Produkte aus Altmühlfranken“.